Ii. Die Prosa.
16&
Geschichte und hat sie von der Gründung der Stadt bis zum Tode
des Drusus (9 v. Chr.) in 142 Büchern erzählt („ab Urbe condita
libriu). Davon ist nur die erste Dekade (bis zum J. 293 reichend)
und die Bücher 21—45 (Jahr 218—167) erhalten; von den übrigen
existieren kurze Inhaltsangaben (periochae). Als Forscher steht
Livius nicht hoch: Urkunden hat er gar nicht und seine Vor-
gänger, besonders die Annalisten (Yalerius Antias) ohne genügende
Kritik benutzt. Aber bei seinem offenbaren Bestreben wahr zu
sein, seiner warmen patriotischen Gesinnung, seiner Begeisterung
für alles Große und Edle, der Milde seines Charakters und seiner
Kunst der Darstellung ist er ein hervorragender Geschichtschreiber
geworden. In der Sprache ist ihm Cicero Vorbild; aber Asinius
Pollio hat seine „patavinitas“ getadelt. Seine Sympathieen gehören
der Aristokratie. Bezüglich seiner politischen Haltung in der Ge-
schichte der Bürgerkriege vgl. Tac. Ann. Iv, 84.
Cornelius Tacitus (Vorname unsicher), geb. ca. 55, wir
wissen nicht wo, stammte aus einem angesehenen und wohl-
habenden Hause wahrscheinlich ritterlichen Standes (der Kaiser
Tacitus [275—276] sah sich als seinen Nachkommen an; ob mit
Recht, bleibt fraglich), genofs eine tüchtige rednerische Bildung,
heiratete 78 die Tochter des Cn. Julius Agricola, der (78 — 85)
die Eroberung Britanniens vollendete, bekleidete unter Vespasian,
Titus und Domitian mehrere Staatsämter, die Prätur 88, und
mufste in den letzten Regierungsjahren Domitians durch den An-
blick des brutalen Despotismus in seiner ganzen Denkweise ver-
bittert werden. Mit Nervas Regierungsantritt begann auch für
ihn eine glücklichere Zeit. 98 war er Cónsul unter Trajan. In
den ersten Jahren Hadrians, zw. 117 und 120, ist er gestorben.
Seine Werke: 1. Dialogus de oratoribus, ein Versuch den Verfall
der Beredsamkeit seit der Kaiserzeit zu erweisen und zu erklären,
im Stil sich noch an Cicero anlehnend. 2. De vita et moribus
Iulii Agricolae liber, eine Biographie seines Schwiegervaters, nach
dessen Tode (93) i. J. 98 verfafst. 3. Germania (de situ Germaniae
od. ähnl.), 98 verfafst, veranlaßt durch das hohe Interesse, welches
Land und Volk der Germanen für die damalige Zeit besafs, viel-
leicht auch durch die persönliche Anschauung, die der Verfasser in
amtlicher Stellung in den Jahren 90 — 94 am Rhein gewonnen haben
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166
B. Aus der römischen Litteratur.
mag. Als Quellen hat er aufser den Nachrichten der Schriftsteller
wohl auch Berichte von Augenzeugen benutzt, ist aber selber
höchst wahrscheinlich nicht in Germanien gewesen. Wenn auch
Tac. die Germanen stets im Hinblick auf sein Volk und seine
Zeit schildert und hervorhebt, was sie zu ihrem Glück alles nicht
kennen, so ist er doch weit davon entfernt sie den Römern
schlechthin als Muster vorzuhalten; er ist bemüht kritisch und
unparteilich zu schreiben. 4. Historiae, Darstellung der Kaiser-
geschichte von Galba bis Domitian (69 — 96), unter Trajan ver-
fafst, davon erhalten Buch 1 — 4 und zum Teil 5 (die Jahre 69
bis 70). 5. Ab excessu divi Augusti (gew. „Annalen“ gen.) er-
zählen die Geschichte des Julisch-Claudischen Hauses seit dem
Regierungsantritt des Tiberius (14 — 68), gleichfalls unter Trajan
verfafst; erhalten sind Buch 1 — 4, Teile von 5 und 6 und Buch 11
bis 16.
2. Philosophie und Beredsamkeit.
Über Ciceros Leben vgl. S. 103 ff. Er war zweimal verhei-
ratet: 1. mit Terentia, deren ungestümes Wesen noch in höherem
Alter die Scheidung herbeiführte. Aus dieser Ehe hatte er zwrei
Kinder, eine Tochter Tullia, geb. 76, die an Piso Erugi, dann an
Eurius Crassipes, endlich an P. Corn. Dolabella (Lentulus) ver-
heiratet war und deren Tod (45) den Yater aufs tiefste betrübte,
und einen Sohn Marcus, der trotz sorgfältiger Erziehung roh und
ausschweifend war; 2. mit der sehr viel jüngeren Publilia; auch
diese Ehe wurde aufgelöst. Ciceros Werke: 1. 57 Reden, poli-
tische und gerichtliche, letztere meistens Yerteidigungsreden.
2. Zur Theorie der Beredsamkeit: Rhetorica, De oratore, Brutus
de Claris oratoribus, Orator ad M. Brutum u. a. 3. Philosophische
Schriften. Mit der Philosophie beschäftigte sich Cicero anfangs
zum Zweck der Vertiefung seiner rednerischen Studien, später um
in ihr Trost in der schweren Zeit zu finden. Ohne festes System,
ist er Eklektiker und bleibt der Philosophie gegenüber der prak-
tische Römer. Oft betont er, sein Zweck sei nur die Römer für
die griechische Philosophie zu interessieren; — und dieses und
dafs er den Römern der Schöpfer einer philosophischen Sprache
wurde, ist sein Hauptverdienst. De republica, De legibus, De
finibus bonorum et malorum gegen die epikureische Ethik, Tu-
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Extrahierte Personennamen: Galba_bis_Domitian Tiberius Eurius_Crassipes Dolabella Marcus Ciceros Brutus
de_Claris Brutus Cicero
164
B. Aus der römischen Litteratur.
Ii. Die Prosa.
1. Die Geschichtschreibung.
Unter den älteren Annalisten (vgl. S. 85 o.) schrieben aufser
Q. Fabius Pictor in griechischer Sprache L. Cincius Alimentus und
C. Acilius, nach Catos Yorgange (Origines) lateinisch L. Calpurnius
Piso Frugi (Consul 183) und C. Sempronius Tuditanus. Während
die ältere Annalistik zwar auch die Geschichte tendenziös gefärbt
darstellt und besonders gern unangenehme Dinge totschweigt,
aber doch vor direkten Unwahrheiten scheut, strotzt die seit den
Gracchischen Kämpfen entstehende jüngere Annalistik, die Werke
des L. Coelius Antipater, die Memoiren Sullas und seiner Zeitge-
nossen, die Annalen des Q. Claudius Quadrigarius und besonders
diejenigen des Valerius Antias, von bewufsten Fälschungen schlimm-
ster Art. . Der letzte eigentliche Annalist ist C. Licinius Macer.
L. Cornelius Sisenna (ca. 120 — 67) schrieb Zeitgeschichte und ist
ein Vorläufer Sallusts.
Der erste kunstmäfsige Geschichtschreiber der Römer ist
C. Sallustius Crispus, geb. 87 oder 86 zu Amiternum im
Lande der Sabiner. Er stand in übelm sittlichen Rufe; inwieweit
die Vorwürfe gegen ihn begründet waren, ist nicht zu entscheiden;
gewifs waren sie nicht ganz unbegründet. 52 war er Volkstribun,
wurde wegen seiner eifrigen Parteinahme für Cäsar i. J. 50 aus
dem Senat gestofsen, von Cäsar aber wieder eingesetzt. Durch
ihn 46 Proconsul in Afrika, bereicherte sich Sallust sehr und
erwarb mit diesem Gelde die herrlichen horti Sallustiani und ein
prächtiges Haus im N. von Rom. Nach Cäsars Ermordung (44)
zog er sich vom öffentlichen Leben zurück und widmete sich
ganz seinen literarischen Arbeiten. Er starb 35. Seine Werke:
1. Bellum Catilinae, 42 herausgegeben; einige sachliche, nament-
lich chronologische Irrtümer; 2. Bellum Iugurthinum; 3. Histo-
riae behandelten, das Werk Sisennas fortsetzend, die Geschichte
der Jahre 78—67; davon erhalten sind nur 4 Reden und 2 Briefe.
T. Livius wurde zu Patavium (Padua) i. J. 59 geboren. Er
verbrachte den gröfsten Teil seines Lebens in Rom, fern von poli-
tischer Thätigkeit, dem Augustus befreundet. Bald nach seinem
32. Lebensjahre begann er die Bearbeitung der gesamten römischen
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156. Vorklassische oder archaistische Periode.
325
Cornelius Lucius — Scipiö Barbatus
Gnaivöd patre prognätus — förtis vir sapiensque,
Quoiüs forma virtu — tei parisuma fiiit,
Consöl censor aidilis — quei fuit apüd vos,
Taurasia Cisaüna — Sämnio cepit
Subigit omne Loucänam — öpsidesque abdoücit.
Ein anderes Beispiel:
Quod r6 sua difeidens — asper6 afleicta Parens timens heic vövit — vöto hoc solüto Decumä factä poloücta — leibereis labentes Donü danünt Hercolei — maxsume mereto etc.
Noch Livius Andronicus dichtete im saturnius, aber Enniuu verpflanzte den Hexameter in die lateinische Litteratur, der anfangs hart und ungelenk, allmählich eine bedeutende Vollendung erlangte; am vollkommensten ist er bei Ovid. Im augusteischen Zeitalter fanden besonders durch Horaz die verschiedenen lyrischen Mafse der Griechen in Rom Eingang.
Die hauptsächlichsten Dichter der yier Perioden.
a) Vorklassische oder archaistische Periode.
(240—82 v. Chr.)
§ 156. Charakter dieser Zeit.
Im dritten vorchristlichen Jahrhundert hatten die Römer ihre "Waffen zum ersten Male ins Ausland getragen und politische Thaten von weltgeschichtlicher Bedeutung vollbracht. Dies hob den Nationalgeist mächtig und regte zu dichterischen Yersuchen vor allem im Epos, das Ennius vertritt, an. Aber wichtiger war noch in literarischer Hinsicht die Berührung mit Griechenland , zunächst mit den Griechen in Unteritalien (Cumae) und auf Sicilien, dann mit dem eigentlichen Griechenland und Kleinasien.
Es ist wahr, was Hör. ep. Ii, 1, 156 sagt:
Graecia capta ferum victorem cepit et artes Intulit agresti Latio . . .
Die römische Litteratur schreitet von Anfang an in griechischen Geleisen einher; durch Liv. Andronicus und Ennius kam griechische Bildung in die vornehmen römischen Familien und wurde bald tonangebend in ihnen und durch die immer zahlreicher nach Rom wandernden Griechen die hellenische Sprache allgemeiner und der starre antike Charakter des Römers auf diesem Gebiete gebrochen; an die Stelle des saturnius tritt der Hexameter, das Lustspiel erlangt in Plautus und Terenz seinen Höhepunkt; Epos und Satire erhalten in Ennius und Lucilius, die Tragödie in Pacuvius und Attius namhafte Vertreter.
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§ 163. Allgemeine Übersicht.
339
neue Epoche eröffnete Sallust, während dann Cäsar, Livins, Tacitus und Pomponius Trogus den Höhepunkt bezeichnen, ohne dafs jedoch einer den Thukydides erreichte. Es folgte eine bedeutende Schar von Epigonen, von denen aber nur wenige ein richtiges Verständnis für wahre Geschichtschreibung besitzen.
2. Grofsartiger zeigt sich uns die römische Beredsamkeit. Diese ist selbständiges Produkt, erzeugt auf dem Boden der Praxis. Ununterbrochen hatte der Römer während des Bestandes der Republik Gelegenheit, sich in der Rede zu üben: in Volksversammlungen, in denen so oft die politischen Angelegenheiten sich entschieden ; im Senate, vor Gericht, auf dem Forum, bei Leichenbegängnissen (laudatio) u. s. w. Die Rostra bezeichnen eine denkwürdige Stätte Roms. Zugleich atmete der Redner bis auf die Kaiser freie Luft, und politische Kämpfe mannigfacher Art forderten die Redner auf die Rednerbühne. Große politische Fragen, Dinge von weltgeschichtlicher Bedeutung, worüber nicht selten der Redner zu sprechen hatte, hoben sein Bewufstsein und führten ihm große Gedanken zu. Der Römer war aber auch von Haus aus für die öffentliche Rede beanlagt: scharf und logisch im Denken, fest in seinen Ansichten und durchaus praktisch, zugänglich dem Pathetischen und Grofsen.
Daher sehen wir auch vor der Berührung mit den Griechen ein Aufstreben der Beredsamkeit; freilich fehlte ihr noch Kunst und Methode. Seitdem aber griechische Rhetorik Einflufs auf die Redner gewonnen, erlangte ihre Sprache kunstmäfsige Form und methodischen Gang. Rasch wurde namentlich durch Cicero die früher praktisch erlernte und geübte Beredsamkeit zur schulmäfsi-gen und die Rede gewann Rundung, Feile und Glätte. Die Zahl der Redner ist groß, und manche waren gewandte Stegreifredner. Es läfst sich eine ältere Periode bis Kato, eine mittlere bis auf die Gracchen und die klassische Periode bis zum Untergange des Freistaates unterscheiden. Eine Nachblüte bildet die monarchische freiheitslose Beredsamkeit, wo die Rhetorik alles überwuchert, die orator es zu rhetor es werden und nur der panegyrikus gepflegt wurde.
3. Die Philosophie. Die Römer traten hierin niemals selbständig auf; denn zum Philosophieren war ihr Geist nicht angelegt. Die ganze republikanische Zeit hat nicht einen Philosophen ex pro-fesso aufzuweisen. Wo philosophisches Studium gepflegt wurde, wie bei Cicero, diente es nur praktischen Zwecken, nämlich der Beredsamkeit.
22*
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340
§ 164. Vorklassische Zeit.
Hatten doch die Römer zweimal, 173 und 161 v. Chr., griechische Philosophen aus Rom verbannt — ex senatusconsulto. Erst die Anwesenheit einer griechischen Gesandtschaft, bestehend aus dem Akademiker Kai'nectdes, dem P eripatetiker Kvitolctos und dem Stoiker Diogenes, brach für immer jenen Widerstand gegen griechische Philosophie und Rhetorik. Cicero , welcher übrigens Eklektiker war, übte durch seine philosophischen Schriften lange Zeit großen Einflufs aus. — Bessere Pflege fand unsere Wissenschaft während der traurigen Zeit der Monarchie, wo die besten Geister sich dem Stoicismus (Seneca), andere, die sich nicht soweit zu erheben vermochten, dem Epikurismus zuwandten.
4. X nt er den Fachwissenschaften stand die J urisprudenz immer weitaus an der Spitze; in ihr waren die Römer durchaus selbständig und haben ein bewunderungswürdiges Rechtsgebäude geschaffen. Ihre Wissenschaft lebte im Mittelalter wieder auf und wirkt bis heute in den modernen Rechtssystemen nach. Auch die Mathematik, besonders die Feldmefskunde, erlangte 'gröfsere Pflege, weniger wurde der Altertums- und Sprachwissenschaft, der Naturgeschichte, Geographie und Medizin Fürsorge gespendet.
Die hauptsächlichsten Prosaiker der yier Perioden.
§ 164. a) Yorklassische Zeit.
1. Die Geschichtschreiber.
Zu den ältesten Annalisten, die nur trockene Aufzeichnungen der Jahresbegebenheiten nach der Zeitfolge lieferten und zum Teil griechisch schrieben, gehören: P. Fabius Pictor, den Livius, welcher ihn benützte, den ältesten römischen Geschichtschreiber nennt, schrieb um 216 eine Geschichte Roms bis auf seine Zeit. L. Cin-civs Alimentus (Annalen der Stadt), C. Acilius Glabrio (zweiter punischer Krieg) und A. Postumius Älbinus, Cassius Hemina (Annalen) und L. Calpurnius Pio Frugi u. a. Der erste, welcher epochemachend wirkte, war M. Porcius Cato Censorius (234 bis 149) aus Tusculum, ein sehr fruchtbarer und vielseitiger Schriftsteller. Er schrieb lateinisch und schuf so die Prosasprache. Sein Geschichtswerk Origines über Rom ist leider verloren, nur Fragmente sind erhalten.
An ihn schliefst sich eine Reihe jüngerer Annalisten an wie L. Caelius Antipater (120), P. Rutilius Ruf us (105), Sempronius Asellio, der erste, welcher eine Selbstbiographie schrieb; L. Cornelius Sisenna (119—67), C. Licinius Macer (gest. 66) u. a. Alle diese Ayerke sind verloren, aber von den nachfolgenden Historikern wie von Livius ausgebeutet worden.
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342
§ 165. Klassisches oder goldenes Zeitalter.
2. C. Iulius Caesar (12. Juli 100 bis 15. März 44), Neffe des Marius, studierte in Kleinasien, war 68 Quästor in Spanien, 60 Triumvir mit Pompejus und Krassus, 59 Konsul, 58—50 Prokonsul in
Gallien. Von seinen verschiedenen Werken grammatischen (ana-logia)} politischen (anticato), astronomischen (de astris) und poetischen Inhalts ist nichts auf uns gekommen; erhalten sind aber seine geschichtlichen Werke: 7 Bücher commentarii de bello Gallico und 3 B. de bello civili.
(Das 8. Buch de bello Gallico und
das bellum Alexandrinum sind von seinem Legaten A. Hirtiust das bellum Africanum und bellum Hispaniense von unbekannten Verfassern.) Die Schrift über den gallischen Krieg ist ein Tagebuch, über seine Thaten in Gallien, das Cäsar vom Jahre 58 52 unterwarf; das bellum civile aber schildert den Kampf gegen Pompejus und seine Partei in Italien,
Spanien, um Massilia, in Afrika bis zum Beginn des afrikanischen Krieges.
Obgleich nur flüchtig geschriebene Tagebücher und der Feile entbehrend, verraten Casars Geschichtswerke eine ungewöhnliche Befähigung zu historischer Darstellung: Klarheit, Leichtigkeit, Einfachheit, Natürlichkeit und Geschmack. Hätte er sich ausschliefslich der Schriftstellerei hingegeben, er würde alle Römer weit überragt haben. An Beredsamkeit stand er neben Cicero.
3. C. Cornelius Nepos (c. 94—30) aus Oberitalien, lebte meist in Rom, mit Cicero und Attikus befreundet. Seine geschichtlichen Werke sind verloren bis auf die vitae excellentium ducum extera-rum gentium in 25 Biographien von (19) griechischen und (2) karthagischen Feldherren, wozu die des Persers Datamas, von Kato und Attikus und ,de regibus‘ kommen. Nach Inhalt und Form stehen diese Biographien ziemlich niedrig.
4. T. Livius (59 v. bis 17 n. Chr.) ist der bedeutendste Historiker der augusteischen Zeit. Er stammte aus Patavium (Padua, daher man ihm Patavinitas vorwirft) und lebte fast immer in Rom. Sein grofses Geschichtswerk in 142 Büchern (,ab urbe condita1) schilderte die Zeit von Äneas bis 9 v. Chr.; erhalten sind aber nur
Fig. 63. Cäsar.
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Extrahierte Personennamen: C._Iulius_Caesar Marius Marius A._Hirtiust Cäsar Cicero C._Cornelius_Nepos Datamas T._Livius Cäsar
Extrahierte Ortsnamen: Kleinasien Spanien Gallien Gallien Italien Spanien Massilia Afrika Oberitalien Rom Padua Rom
§ 165. Klassisches oder goldenes Zeitalter.
343
die Bücher 1—10 und 21—45 (die Jahre 754—293 und 218—167 behandelnd) und von den verlorenen Büchern magere Inhaltsangaben (periochae). Mit den für einen Historiker nötigen Eigenschaften trefflich ausgestattet: gut gebildet, voll lebhafter Phantasie, sittlichen Ernstes, warmen Gefühles und wahrheitsliebend, entbehrt Livius nur der kritischen Schärfe. Die Sprache, obgleich über die Grenzlinie der Klassicität bereits hinausgerückt, ist anmutig, warm, natürlich und beredt.
5. Pompeius Trocgas, Zeitgenosse des Livius, schrieb historiae Philippicae in 44 Büchern, mit der assyrischen Geschichte (Ninus> beginnend und sie bis auf Augustus fortführend und vornehmlich Macedonien und die Diadochenzeit beachtend. Trogus wird von den Alten als ein ausgezeichneter Historiker gerühmt. Sein Werk besitzen wir nur in einem magern Auszuge des Justinus (um 150 v. Chr.).
Ein Historiker war auch der trefflich gebildete Asinius Pollio (75 v. Chr. bis 5 n. Chr.), dessen 16 Bücher aber verloren sind (vergl. Hör. Od. Ii, 1); Kaiser Augustus (13 Bücher de vita sua und index rerum a se gestarum, wovon der größte Teil erhalten). — Die Geschichtschreiber dieser Periode konnten aufser ändern Quellen die acta senatus, Senatsprotokolle, seit Cäsar (59) aufgezeichnet und veröffentlicht, und die acta diurna (s. § 141) benützen.
2. Die Redner.
Seit Sulla war das Studium der Griechen und hauptsächlich das der griechischen Redner mächtig gediehen; kein Redner konnte sich mehr deren Einflufs entziehen. Der Form nach unterschied man ein genus Asiaticum, durch blühenden und schwülstigen Stil gekennzeichnet; ein g. Atticum, das Gegenteil von jenem: einfach und schlicht und das g. Rhodium, die Mitte haltend zwischen jenen beiden und vertreten durch Cicero.
1. Unmittelbar vor und neben Cicero steht eine Reihe ausgezeichneter Redner, von denen wir aber keine Reden besitzen: M. Antonius (Cons. 99), L. Crassus (Cons. 55), Q. Hortensius (114 bis 50), dem Bahnbereiter Ciceros, Lutatius Catulus, Sulpicius Ruf us, I. Brutus, Licinius Calvus, Caesar, M. Valerius Messalla, Asinius Pollio u. a.
2. M. Tullius Cicero bezeichnet aber den Höhepunkt.
a) Leien. Geboren zu Arpinum 106, unterrichtet in Rom durch den Griechen Molo in der Redekunst und durch Phädrus und Philo in der Philosophie, macht 79 — 77 eine Bildungsreise nach Griechenland und Kleinasien, wird 75 Quästor auf Sicilien (70 seine orat. Verrinae), 69 Ädil, 66 Prätor,
TM Hauptwörter (50): [T20: [Rom Jahr Cäsar Senat Kaiser Pompejus Antonius Tod Krieg Sohn], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T1: [Geschichte Dichter Zeit Buch Werk Jahr Gedicht Nr. Bild Geographie]]
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Extrahierte Personennamen: Pompeius_Trocgas Augustus Asinius_Pollio Augustus Augustus Cäsar Sulla Cicero Antonius Ciceros Lutatius_Catulus Brutus Caesar Valerius_Messalla Asinius_Pollio Tullius_Cicero
Extrahierte Ortsnamen: Macedonien Sulpicius Rom Griechenland Kleinasien Sicilien
346
§ 166. Nachklassisches oder silbernes Zeitalter.
5. Über den Landbau schrieb der alte Kato (de re rustica) und Varro in rerum rusticarum ,1. Iii (Ackerbau, Yieh-, Geflügel-und Fischzucht behandelnd). Dazu kommen Vergil (georgica) und Hygin (de agricultura).
6. (Tber Baukunst handelt Vitruvius Pollio zur Zeit Augustus’ in seinen 10 Büchern de architectura.
7. Die Mythologie ist vertreten durch den genannten Hyginus
„in liber fabularum, worin er 277 fabulae oder Mythen aus (ver-
lorenen) griechischen Tragödien gesammelt hat. Inhaltlich wertvoll.
§ 166. c) Nachklassisches oder silbernes Zeitalter.
1. Die Geschichtschreiber.
Sie hatten unter der Regierung der kaiserlichen Despoten
einen schweren Stand. So wurden sie geschraubt oder schmeichlerisch, reden dunkel und ein schwülstiges Pathos; statt Natürlichkeit, Wahrheit und Offenheit treffen wir gekünstelte, effekt-
haschende Eleganz. Wollte ein Historiker Wahrheit reden, so traf ihn Verbannung oder das Schicksal des A. Cremutius Cordus; dem unter Tiberius seine freimütigen Annalen den Tod eintrugen.
1. Velleius Paterculus (19 v. Chr. bis 30 n. Chr.) diente
unter Tiberius in Germanien, war dann Prätor; verfafste historiae Romanae 1. Ii, einen kurzen Abrifs der römischen Greschiclite mit manchen guten Partien, aber voll Schmeichelei gegen Tiberius.
2. Valerius Maximus sammelte um 30 n. Chr. unter dem
Titel factorum dictorumque memorabilium 1. Ix allerlei Anekdoten als Beispiele für Redner. Geschichtlichen Avert können sie kaum ansprechen.
3. Q. Curtius Rufus schrieb unter Claudius de rebus gestis Alexandri M. in 10 Büchern, wovon 1 und 2 verloren, die anderen verstümmelt sind. Ebenfalls ohne besondern geschichtlichen Wert.
4. P. Cornelius Tacitus (c. 56 bis c. 130 n. Chr.) wahrscheinlich aus Interamna in Umbrien, studierte in Rom und machte die Beamtenlaufbahn durch, Konsul 97 unter Nerva. Er schrieb a) de vita et moribus Iul. Agricolae, eine Biographie seines Schwiegervaters Agricola. b) De origine et situ Ger manor um liber, gewöhnlich Germania genannt, in 46 Kapiteln, für uns die älteste Quelle zur Kenntnis von Altgermanien, c) Historiae in 14 Büchern, wovon uns B. 1 — 4 und B. 5 teilweise erhalten. Er schildert darin die Zeit von Gralba bis Domitian, d) Annales (oder ab ex-
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Extrahierte Personennamen: Vitruvius_Pollio Hyginus Tiberius Tiberius Tiberius Valerius_Maximus Curtius_Rufus Claudius_de Alexandri_M. P._Cornelius_Tacitus Nerva Agricola Gralba
Extrahierte Ortsnamen: Cremutius_Cordus Germanien Umbrien Rom Altgermanien Domitian
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§ 163. Allgemeine Übersicht.
5. Flavius Avianus verfafste um 400 eine Sammlung von 42 äsopischen Fabeln Dach dem Vorgänge des Phädrus in elegischem Mafse. Im Mittelalter wurden Avians Fabeln viel gelesen, erklärt und vermehrt.
Ii. Die Prosalitteratur.
§ 163. Allgemeine Übersicht.
Die Prosasprache als Trägerin der Litteratur ist selbstverständlich viel jünger als die Sprache des Verkehrs, der Mitteilung im täglichen Leben. Bis herab ins sechste Jahrhundert der Stadt diente sie nur zur Aufzeichnung von Begebenheiten, Gesetzen, gottesdienstlichen Formeln, Verträgen, der Jahresfolge der Magistrate u. dgl. Die älteren Geschichtschreiber (Annalisten) schrieben sogar griechisch. Der eigentliche Gründer der schriftmäfsigen Prosa ist der ältere Kato (234—149). Um diese Zeit, überhaupt seit dem ersten punischen Kriege machte die Prosasprache einen bedeutenden Fortschritt; ebenso zur Zeit Ciceros. Bis auf letzteren war die Schriftprosa sehr steif und altertümelnd, dem jüngeren Ge-schleclite ungeniefsbar. Die Sprache aber, welche Cicero redete, war nur auf einen sehr engen Kreis von Gebildeten beschränkt, selbst ein Sallust schrieb in alter Sprache. Weiter war Rom allein Sitz der feineren Prosa. Im übrigen Italien sprach man ein mangelhaftes Latein.
Daher die gegensätzlichen Bezeichnungen urbanitas (lingua urbana) und rusticitas (l. rustica). Aber in Rom selbst sprach die Mehrzahl den sermo plebeius, stets nur wenige die feinere Schriftsprache.
Zur Kaiserzeit wurde die Rede dichterisch gefärbt, schon Livius, weit mehr noch Tacitus lieben das poetische Kolorit, und zu Senekas Zeiten war schon die Sprache Ciceros veraltet. Die Schriftsprache wurde immer rhetorischer, schwülstiger und geschraubter; die bessern Schriftsteller griffen sogar wieder zum Griechischen und allmählich mufste man, um gut Latein zu reden, es aus den Büchern studieren oder gar in der Fremde (besonders Gallien) holen.
1. Geschichtschreibung. Sehr frühe begannen die Römer mit geschichtlichen Aufzeichnungen, und so ward die historische Litteratur die älteste in der Prosa, obwohl die ersten Geschichtschreiber (Annalisten) griechisch schrieben. Mit Kato Censorius fing dann die Historiographie in römischer Sprache an, und an Kato lehnte sich eine ansehnliche Zahl von Annalisten (Chronikenschreiber) an, die aber ihre Annalen meist ohne viel Kritik verfafsten. Eine
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